Von: Uwe Rechtenbach
Die gute Haut nach der Krankheit
Ein eher unscheinbar anmutendes Gewächs sorgte in der 2004 gegründeten Chemnitzer Salbenmanufaktur für den Beginn eines Projektes, an dessen Ende mehrere kosmetische Artikel für die Hautpflege von Chemotherapie-PatientInnen standen. Den Anstoß hatte eine Kundin geliefert, die während ihrer Chemotherapie gezielt nach Ölen, Salben und anderen Produkten fragte, die unter Verwendung von Sanddorn hergestellt werden. Sie hatte gehört, dass Sanddorn viele positive Eigenschaften für Hautpflege und Immunsystem besitze und wollte diese nun an sich selbst testen.
Zuerst die Idee
Das brachte die beiden Manufakturgründerinnen Bettina Lühmann und Silke Koppe dazu, sich intensiv mit einer Pflanze und deren Wirkstoffen zu beschäftigen, die als Pflanzenart der Gattung der Sanddorne zugeordnet wird und zur Familie der Ölweidengewächse zählt. Die Beeren des Sanddorns verfügen über einen ungewöhnlich hohen Vitamin-C-Gehalt, und sie weisen kein Vitamin-C-abbauende Enzym Ascorbinsäureoxidase auf. Je nach Sorte variiert er von 100 bis 900 Milligramm pro 100 Gramm Beeren. Das Fruchtfleisch enthält zwischen einem und fünf Prozent Öl, das reich an mehrfach ungesättigten und auch essentiellen Fettsäuren ist. Insbesondere besitzt es einen hohen Anteil an Palmitoleinsäure, das die Hautfreundlichkeit des Sanddornfruchtfleischöls hervorhebt.
Haut ist nicht gleich Haut
Diese Ausgangsdaten veranlassten die Chemikerin Dr. Bettina Lühmann und die Marketingfachfrau Silke Koppe, sich in ihrer Manufaktur mit der Herstellung von Sanddornprodukten zu beschäftigen. Es begann eine lange Reihe von Experimenten und die Suche nach geeigneten Partnern, Zulieferern und Rezepturen. „Wir wollen Produkte herstellen, die auf natürlichen Ölen und Beigaben basieren“, sagt Bettina Lühmann. Um ihr Projekt weiter voranzutreiben, wurde das Manufaktur-Team 2005 um die Chemie-Diplomingenieurin Tanja Franz erweitert. Die unter dem Markennamen Beti Lue. im eigenen Labor hergestellten Produkte fanden zunehmend mehr Kundschaft, da die Manufaktur wegen ihrer Struktur leicht auf individuelle Besonderheiten und spezielle Wünsche reagieren konnte.
„Haut ist nicht gleich Haut, sondern sie ist so individuell wie jeder einzelne Mensch selbst. Und daher braucht sie auch eine individuelle Pflege, die es nicht von der Stange geben kann“, so Lühmann. Neben Fragen zur konventionellen Hautpflege bekam die Manufaktur im Laufe der Sanddorn-Produktentwicklung auch zunehmend Anfragen zu Pflegeprodukten für besonders angegriffene Haut, wie sie sich etwa bei Menschen findet, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen.
Ein traditionelles Mittel
Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema Sanddorn war es der Manufaktur möglich, mit fundiertem Wissen und weiten Kenntnissen aufzuwarten. „Wir hatten recherchiert, dass Sanddorn etwa in Tibet, China, Russland oder der Mongolei schon lange in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) eingesetzt wird. Dort wusste man längst um die schmerzstillende, entzündungshemmende und wundheilfördernde Wirkung des Sanddorns“, so Koppe. Auch bei Verbrennungen, Erfrierungen und bei der Behandlung von Geschwüren und Gefäßleiden sei Sanddorn in diesen Gegenden ein traditionelles Mittel.
Wohlgefühl und Erfolge
Die Sanddorn-Produkte werden laut Koppe seit einigen Jahren immer häufiger von Chemotherapie-Patientinnen zur Pflege von Haut- und Schleimhautschädigungen und Reizungen, die während der Therapie auftreten, verwendet. „Während der Chemotherapie können das Sanddornöl und die Cremes dabei helfen, die Nebenwirkungen in Grenzen zu halten und zu mildern“, so Koppe. Die beschriebenen Erfolge der Sanddorn-Öle- und Pflegemittel führten dazu, dass das Klinikum Chemnitz eine Anwenderbeobachtung mit den Sanddorn-Pflegeprodukten von Beti Lue. durchführte, die alle mit definierten Sanddornausgangsstoffen hergestellt wurden. Laut Lühmann kann sich das Ergebnis der Anwenderbeobachtung in einer klinischen Chemotherapiestudie bei Mammakarzinompatientinnen sehen lassen: „Bei 87 % der teilnehmenden Patientinnen hat es die Heilungsprozesse der Haut und Schleimhäute nachweislich gefördert, die Nebenwirkungen der Chemotherapie konnten nach Auftreten und damit dem Beginn der Anwendung in Grenzen gehalten oder sogar bleibend aufgehoben werden.
Die Kosmonauten geben die Idee
In Russland werde Sanddorn an Kosmonauten ausgereicht, weil die Wirkstoffe nach Auffassung russischer Wissenschaftler eine gute Wirkung gegen Strahlenschäden der Haut zeigen würde. Und im Weltall ist die kosmische Strahlung, die Magnetfeld und Atmosphäre der Erde zu einem erheblichen Teil ablenken und absorbieren, ein wirkliches Problem für den Menschen. „Und das war damals ein Anlass, Sanddorn in einer Kosmetikserie für Krebspatienten zu verwenden“, erinnert sich Bettina Lühmann.
„Die Produkte auf der Basis von Sanddornfruchtfleischöl eignen sich aufgrund ihrer Zusammensetzung gut für die Pflege der Haut nach Bestrahlung und Chemotherapie. Und die bei uns gemachten Erfahrungen waren bisher immer positiv. Es ist eine Pflege, die man durchführen kann – weg von großen chemischen Rezepturen“, so Priv.-Doz. Dr. med. Nikos Fersis, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Klinikums, in einer Reportage im mdr Sachsenspiegel.
„Wir können damit vielleicht etwas beitragen, dass die Wirksamkeit von Sanddornprodukten wissenschaftlich wiederholt nachgewiesen wird und damit irgendwann einmal der Einsatz dieser Mittel doch von den Krankenkassen erstattet wird“, hofft Silke Koppe.