Von: Markus Dietsch
[veröffentlicht in: TINA / Ausgabe Nr. 18 vom 23. April 2008]
Sie waren unzufrieden mit ihren alten Jobs. Da beschlossen Bettina Lühmann (35) und Silke Koppe (45) aus Chemnitz: Wir machen uns selbstständig – mit einer Firma für Naturkosmetik …
Das Labor ist winzig. Zwölf Quadratmeter im dritten Stock eines Bürogebäudes in Chemnitz (Sachsen). An einem schmalen Tisch steht Dr. Bettina Lühmann: Weißer Kittel, Plastikfüßlinge über den Schuhen, eine Stoffhaube auf dem Kopf. Mit konzentriertem Blick träufelt sie natürliche Extrakte in ätherische Öle, verrührt reines Quellwasser und pflanzliche Emulgatoren. „Ich probiere gerade ein Rezept für eine neue Tagescreme aus“, erklärt die promovierte Chemikerin.
Mach dem Studium arbeitete Bettina für große Pharmafirmen. „Dort konnte ich zwar viel Geld verdienen, aber glücklich machte mich das nicht. Den ganzen Tag in sterilen Labors zu sitzen und chemische Analysen zu machen, war nicht meine Welt. Ich wollte etwas tun, hinter dem ich auch stehe!“
Als Ausgleich pflegte Bettina ihr Hobby: Abends und am Wochenende stellte sie duftende Cremes für Freunde und Verwandte her. „Meine Oma hat mich darauf gebracht. Sie bat mich, eine Hautcreme nach dem alten Rezept ihrer Mutter zu mixen. Das Experimentieren mit verschiedenen Pflanzenölen und natürlichen Duftstoffen machte mir großen Spaß!“
Im Sommer 2004 schenkt sie ihrer Freundin Silke Koppe (45) eine Creme mit deren Lieblingsduft: Zitrone! Die ist begeistert, sagt: „Bettina, das wäre doch eine super Geschäftsidee! Individuell hergestellte Salben und Cremes, je nach Hauttyp und Vorliebe der Kunden.“ Als Kauffrau kennt sich Silke mit Marketing aus. Und auch sie will sich beruflich verändern. Die beiden beschließen: „Wir machen uns selbstständig!“
Als erstes weihen sie die Ehemänner in ihre Pläne ein. Die sind einverstanden, wollen ihre Frauen unterstützen. Gemeinsam stellen sie einen Geschäftsplan auf: Jede will 10 000 Euro aus ihren Ersparnissen in die Firma stecken. Die Vorbereitungen dauern mehrere Monate. Räume für Labor, Büro und Verkauf müssen angemietet, Rezepte ausprobiert, Lieferanten gefunden und Genehmigungen von den Behörden eingeholt werden.
Im Herbst 2005 ist es geschafft: Die Freundinnen eröffnen ihre Salbenmanufaktur „Beti Lue“. Übers Internet (www.salbenmanufaktur.de) und im eigenen Mini-Laden (Leipziger Straße 44 in Chemnitz) verkaufen sie Salben, Körperöle und Badesalze mit überwiegend pflanzlichen Rohstoffen. Bettina: „Unsere Produkte enthalten nur einen Konservierungsstoff, den mildesten überhaupt, der auch für Naturkosmetik zugelassen ist.“
Die Geschäfte laufen gut. So gut, dass im Frühjahr 2006 eine zweite Chemikerin einsteigt. Tanja Franz (29) ist Expertin für die Herstellung von Naturseifen – mit Zitronengras, Rosenblüte oder Ringelblume.
„Inzwischen können wir von unserer kleinen Firma leben“, freut sich Silke Koppe. Mit ihrer Freundin schmiedet sie schon neue Pläne: „Wir würden gern einen zweiten Laden in Leizig oder Dresden eröffnen. Unser Traum ist ein gläsernes Labor. Wo unsere Kunden hinkommen, bestellen und gleich noch zusehen können, wie wir ihre Wünsche erfüllen.“